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Jede Stadt hat ihre Wurzeln. Über viele Jahrhunderte prägten Menschen mit ihrer Arbeit und ihrem Können unsere Städte. Hückeswagen war einst “Die Stadt der Tuchmacher”. Vom Ursprung der Stadt, nämlich Stoffe und Tücher, ist nicht viel übrig geblieben.

Sie wissen nicht wo Hückeswagen liegt? Am Ende dieses Artikels werden Sie nicht nur Hückeswagen kennen, Sie möchten uns kennenlernen. Vorab kann ich Ihnen ein wenig Historie nicht vorenthalten, auch wenn Geschichte oftmals langweilig ist. Das Bild Hückeswagen steht stellvertretend für andere Städte und Regionen, an deren Standorte die Textilindustrie zusammenbrach. Nicht weil man schlechte Qualität lieferte, sondern weil man in typisch deutscher Manier sich das Geschäft mit Stoffen und Tüchern abnehmen ließ. Ähnliche Situationen finden wir noch in Mönchengladbach und Viersen.

Hückeswagen liegt am Rande des Sauerlandes und zählt mit zum Oberbergischen Kreis. Vor gut vier Jahren zog es mich hierhin, und ja, ich liebe diese Region mit ihrem knurrigem Charme, dem verschlafenem Flair und seinem fantastischem Licht.

Allerdings hat Hückeswagen, wie viele andere Städte auch, ein Problem mit seinem Bild. Etwas hilflos torkelt man von Bildrand zu Bildrand, immer auf der Suche nach seinem Selbstverständnis als Klein-Stadt. Die eigenen Stärken, das Bild der eigentlichen Herkunft, findet man hier nirgends. Nur auf der bekannten Islandstraße im Stadtzentrum findet sich eine Skulptur welche einen Weber darstellt.

In seiner Blütezeit kamen edle Stoffe und Tücher aus Hückeswagen. Zahlreiche Tuchmacher-Fabriken und Villen, welche heute leer stehen, zeugen von dieser Epoche, welche endgültig Ende der 90er zu Ende ging. Der Vater meiner Frau setzt sich ab und zu an seinen Webstuhl und produziert für den Eigenbedarf Tücher. Heraus kommen Handtücher, Saunatücher und Geschirrtücher. Wenn Sie diese Materialien in die Hand nehmen wissen Sie, wie edle Tuchprodukte zu sein haben. Es war auch für mich ein neues Erlebnis einen Stoff in den Händen zu halten und zu wissen, dass ein solches Material einen lebenslang begleitet.

Und in Hückeswagen sind viele Menschen mit der Fähigkeit ausgestattet, edle Tuche und Stoffe herzustellen oder auch zu prüfen. Im Gespräch lächelt man mitleidig wenn es um Stoffe und Tücher aus Asien geht, oder bekannte Designer-Bekleidung von Dolce&Gabana oder Jean Paul Gaultier.

Auch finden wir hier in Hückeswagen unzählige Frauen mit großen Ambitionen was die Strickkunst betrifft. Aber immer ganz in den Charakterzügen der Bergischen Mentalität: bescheiden und unauffällig. So hängt in unserem Galerieflur ein Bild, welches meine Frau gestickt hat. Entstanden aus ca. 60.000 Stichen. Um ein solches Bild fertig zu stellen bedarf es einer gehörigen Portion Leidenschaft und auch Disziplin. Das ich dieses Bild mit einem Strahler anleuchten wollte, konnte sie überhaupt nicht verstehen.

Was aber ist bzw. soll so faszinierend an Tüchern und Stoffen sein? Tuchstoffe stehen für Lebensqualität, Understatement, Ausstrahlung, Faszination. Aus einem winzigen Garn wird etwas geschaffen was uns Menschen in unserer Individualität unterstützt. Wir streben nach Unterscheidung, und nicht nach uniformer Massenware alá …alles für nur 3 Euro 99. Ist schon die chinesische Qualität unter aller Würde, wird etwas hilflos eine große Marke sichtbar angebracht, um die eigentliche Herkunft der Bekleidung zu vertuschen.

So wie Sie und ich ein Bild von uns und über uns haben, so besitzen auch Städte und Kommunen ein Selbstbild. Wird dieses Bild nicht gepflegt, verliert eine Gegend ihren Charme, ihre Anziehungskraft, ihre Wirtschaftlichkeit. Sie verkommt und verödet. Bestes Beispiel Berlin, wo man es geschafft hat eine ganze Stadt zu verramschen und zu verraten. Sie ist keine Reise mehr Wert.

Hückeswagen hat noch viel zu bieten, obwohl an einigen Stellen der Verfall eingesetzt hat. Findet diese wirklich liebenswerte kleinstadt zurück zu ihren Wurzeln, werden sich viele Probleme von selbst lösen. Aber egal was passiert, Hückeswagen ist und bleibt: Die Stadt der Tuchmacher

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