Portraitfotografie gehört mit zu den am meisten unterschätzten Fotografiethemen. Im Bereich Portrait soll die Persönlichkeit des Models in das Foto gebrannt werden. Soweit die Theorie. Begleiten Sie mich in die faszinierende Welt von Licht, Schatten und Charisma.
Wenn es eine Theorie gibt, so ist die Praxis nicht weit entfernt. Was ist nun ein Portraitbild? Grundsätzlich gelten Fotos vom Kopf bis zum Bauchnabel als Portrait. Die klassische Variante beschränkt sich auf den Kopfbereich mit Halsansatz. Vor etlichen Jahrzehnten wurde zudem auf ein Anschneiden des Motives verzichtes. Es sollte alles vom Kopf bis zu den Ohren zu sehen sein. Dies ist heute anders. Auch stark angeschnittene Motive gelten als Portraitaufnahme.
Vor allem auf alten Fotos ist annähernd immer das gleiche Posing zu sehen. Mann steht – Frau sitzt, die gesamte Szenerie ist mittig platziert.
Heute darf und soll ein Portraitbild dunkle Bereiche (die sog. Schatten) aufweisen, damit das Motiv aus seiner eigentlichen Langeweile herauskommt. Ein gutes Portrait benötigt keinen wilden und irritierenden Hintergrund. Letztendlich nur Schwarz oder Weiß. Die restliche Bildwirkung muss der Fotograf mit Licht und Schatten modellieren.
Hierbei gilt aber: aus einem schlecht gelaunten Menschen kann auch der Fotograf keine Ausgeburt rheinischer Fröhlichkeit zaubern. Aber er kann mit Hilfe von gezielten Lichtsets eindrucksvolle Portraits in Szene setzen. Weitere motivverstärkende Hilfsmittel sind Filter, bestimmte Filmspezifikationen (nur für uns analog arbeitende Fotografen verfügbar) und bewusst falsche Filmentwicklung (sog. Cross-Entwicklung). In der Summe erhält der Kunde eindrucksvollste Bilder über sich und seine Person. Daher benötigt ein Gang zum Fotografen auch mehr als 30 Minuten.
Ganz problematisch sind Portraitaufnahmen bei Menschen mit Handicap. Hier kommt im Bild das zum Tragen, was wir unter “Die Würde des Menschen” verstehen. Ein am Rollstuhl gefesselter Mensch hat ein Anrecht auf ein gutes und faszinierendes Portrait, ebenso wie ein geistig-behinderter Mensch. Hier gilt es die Besonderheiten des Motives in Ausdruck und Stil festzuhalten. Wir können die Wertigkeit eines behinderten Menschen zumindest fotografisch heraufsetzen. Und zwar so hoch, das jegliche Behinderung in den Hintergrund tritt.